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Chirale N- Heterozyklische Carbenliganden für die Katalyse

Jahrzehntelang dominierten Phosphankomplexe fast alle Disziplinen der Komplexkatalyse, bis vor ca. 15 Jahren erste Erfolge mit einer neuen Klasse von Liganden, den sog. N-Heterozyklischen Carbenen erzielt wurden.[1;2]

Bei N-Heterozyklischen Carbenen wird das Carbenkohlenstoffatom von zwei Stickstoffatomen flankiert. Ebenfalls möglich sind Heterocyclen mit mehr als zwei Stickstoffatomen im Ring oder ein Stickstoff mit einem zweiten Donorheteroatom wie O oder S, welche durch –I und +M- Effekte die Reaktivität herabsetzten und die Stabilität beträchtlich erhöhen, große Substituenten an den Stick-stoffen haben einen zusätzlichen stabilisierenden Effekt. Die in der Katalyse häufig verwendeten Imi-dazolderivate tragen durch ihre Aromatizität zusätzlich zur elektronischen Stabilisierung bei.[3;4]

Bedingt durch verschiedene Effekte werden die NHC-Liganden, als nahezu reine <sigma>- Donorliganden diskutiert, deren Donorstärke die von Alkylphosphanen noch übertrifft. Im Gegensatz zu den Alkyl-phosphan Metallkomplexen zeichnen sich die NHC- Komplexe durch eine bemerkenswerte Resistenz gegen Oxidation und Hitze aus.[2;5]

Der starke Elektronendruck, den der Carbenligand auf ein Metall ausübt erleichtert die Substrat-aktivierung durch oxidative Addition, so dass auch reaktionsträgere Substrate verwendet werden können. Die größten Erfolge wurden bisher mit Palladium NHC- Komplexen erzielt, die sich für Heck- Reaktionen, sowie Kreuzkupplungsreaktionen als hervorragend geeignet erwiesen, was die große Zahl der Veröffentlichungen zu diesem Thema illustriert.[2;6] Erfolge wurden ebenfalls durch Nolan et. al. erzielt, welche den Phosphanliganden in Crabtrees Hydrierkatalysator durch einen NHC- Liganden ersetzten und einen Hydrierkatalysator für nichtaktivierte Olefine erhielten.
Ein weiteres Gebiet auf dem NHC-Liganden zum Einsatz kommen ist die Olefinmethathese. So tragen die Grubbs-katalysatoren der zweiten Generation als Steuerliganden ein Imidazolidincarben, was posi-tive Auswirkung auf Aktivität und Selektivität dieser Katalysatoren hat. Auf dem Gebiet der enantioselektiven Katalyse wurden bis zum heutigen Tag nur vereinzelt Erfolge mit NHC- Komplexen erzielt. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Burgess et. al., dem es gelang mit einem chiralen NHC-Oxazolinliganden nichtaktivierte Olefine mit Enantiomerenüberschüssen von bis zu 99% zu hydrieren. Außerdem gibt es einzelne Beispiele für enantioselektive Transferhydrierungen und Hydrosilylierungen von Ketonen mit moderaten bis sehr guten Enantiomerenüberschüssen.[7-12] Unser Ziel ist, durch Synthese verschiedener chiraler Chelatcarbenliganden in Kombination mit kata-lytisch aktiven Übergangsmetallen, wie Rh, Ir und Pd die Möglichkeiten der enantioselektiven Katalyse mit Chelatcarbenkomplexen zu testen, wobei der Schwerpunkt auf Hydrierung, Transferhydrierung, Hydrosilylierung und asymmetrischer Heckreaktion liegt.
Wegen der geringen Zahl der Erfolge auf diesem Gebiet, gibt es wenig Anhaltspunkte dafür, wie ein Chelatcarbenligand für diese Anwendungen aufgebaut sein muss. Welchen Einfluss hat die Chelat-ringgröße? Wie beeinflussen die Substituenten an den Stickstoffatomen Aktivität und Selektivität der Katalysatoren? Wo muss die chirale Information im Ligand verankert sein, um die Enantioselektivität zu steigern? Welches Metall für welchen Ligand und für welche Anwendung?
Um der Beantwortung dieser Fragen näher zu kommen, suchen wir Ligandensysteme, die durch einfache Syntheseschritte aus enantiomerenreinen Edukten zugänglich sind und die eine große Zahl an Variationsmöglichkeiten bieten.

Literatur

       [1.]    W. A. Herrmann, C. Kocher, Angew.Chem., Int.Ed. 1997, 36, 2162.
       [2.]    W. A. Herrmann, Angew.Chem. 2002, 1342.
       [3.]    A. J. Arduengo, Acc.Chem.Res.  1999, 32, 913.
       [4.]    D. Bourissou, O. Guerret, F. P. Gabbai, G. Bertrand, Chem.Rev. 2000, 100, 39.
       [5.]    E. Peris, R. H. Crabtree, Coordination Chemistry Reviews 2004, 248, 2239.
       [6.]    C. M. Crudden, D. P. Allen, Coordination Chemistry Reviews 2004, 248, 2247.
       [7.]    V. César, S. Bellemin-Laponnaz, L. H. Gade, Angew.Chem. 2004, 116, 1036.
       [8.]    T. Focken, J. Rudolph, C. Bolm, Synthesis 2005, 429.
       [9.]    K. Källström, P. G. Andersson, Tetr.Lett. 2006, 7477.
     [10.]    M. C. Perry, X. Cui, M. T. Powell, D.-R. Hou, J. H. Reibenspiess, K. Burgess, J.Am.Chem.Soc. 2003, 125, 113.
     [11.]    M. C. Perry, K. Burgess, Tetrahedron: Asymmetry 2003, 14, 951.
     [12.]    W. L. Duan, M. Shi, G. B. Rong, Chem.Comm. 2003, 2916.

created: 01.04.2011; last modified: 10.03.2013